top of page
  • AutorenbildDagmar

Der Nebelmond im November

Aktualisiert: 9. Apr.

November, der Nebelung oder Nebelmond, zeigt eine graue Welt mit dürren Ästen: In der Natur stehen jetzt alle Zeichen auf Loslassen, auf Tod und Vergänglichkeit. Samen treten nun den Weg ihrer spannenden Transformation an: hinunter ins dunkle Erdreich, wo es sich dann entscheidet, ob sie absterben und verrotten oder ob im Frühjahr neues Leben aus ihnen keimt. Das Leben der bereits bestehenden Pflanzen zieht sich ebenfalls zurück ins Innere, hinunter in die Wurzeln.


Rückbesinnung auf die Wurzeln, Kraft für die Zukunft

In diesem Punkt unterscheiden wir Menschen uns selbst heute, im 21. Jahrhundert, nicht wirklich von der Natur, die uns umgibt. Allerheiligen, Samhain, Halloween … egal wie die Feste zum Nebelmond im November heißen, bei allen geht es um dasselbe: den Ahnen Respekt erweisen, die eigenen Wurzeln ehren und stärken.

Die Kelten feierten zum elften Neumond nach der Wintersonnwende ihr Toten- und Neujahrsfest Samhain; Halloween, das viele für eine amerikanische Erfindung halten, hat im Grunde dieselben keltischen Wurzeln und stammt ursprünglich von Irland. Um bösen Geistern den Garaus zu machen, kleideten sich die Menschen in schaurige Gewänder, zündeten große Feuer an und stellten Laternen aus Wurzelhöhlen vor die Hütten.

Das Zeichen Skorpion, das die Sonne aus astrologischer Sicht gerade durchwandert, steht ebenfalls für diese Qualitäten: Ausgedientes loslassen, alles auf das Nötigste reduzieren. Das Essenzielle, was den Menschen früher das Überleben gesichert hat, das war die eigene Sippschaft! Jede und jeder brachte sich mit eigenen Fähigkeiten ein, gemeinsam war man stark genug, um dem Winter zu trotzen.

Kein Extrem existiert dauerhaft ohne sein Gegenstück. Während die Sonne sich sinnbildlich zum Sterben niederlegt, gewinnt der Mond in der Zeit zwischen Ende Oktober und Ende November an Kraft und strotzt als Vollmond nur so davon. Der Vollmond steht der Sonne gegenüber und damit zu dieser Zeit im Stier, dem astrologischen Sternzeichen schlechthin für Fruchtbarkeit und Überfluss. Welcher Stamm könnte langfristig schon überleben, wenn nicht immer wieder quietschfideler Nachwuchs zu erwarten wäre?


Vollmond im Sternzeichen Stier – oder besser Kuh?
Vollmond im Sternzeichen Stier – oder besser Kuh?
Stier-Vollmond steht für Fruchtbarkeit

Fruchtbarkeit scheint so etwas wie das Spezialgebiet des Mondes zu sein. Diverse Tierarten halten sich beim Nachwuchs-Zeugen an den Vollmond; das berühmteste Beispiel ist der Palolowurm. Der etwa 60 Zentimeter lange Ringelwurm lebt in der Südsee und hält sich das ganze Jahr über im Korallenriff versteckt. Nur in wenigen Nächten im Oktober bzw. November, wenn auf der Südhalbkugel der Frühling beginnt, steigt er an die Meeresoberfläche, um sich fortzupflanzen: und zwar in den Nächten nach dem Stier-Vollmond (für den ich die Kuh anstatt des Stieres übrigens sehr viel passender finde: siehe Blog-Beitrag).

Auch bei uns Menschen deutet alles auf einen Zusammenhang von Mond und Fruchtbarkeit hin. Schon vor 30.000 Jahren scheint den Menschen aufgefallen zu sein, dass der Zyklus der Mondphasen mit seinen 29½ Tagen ziemlich genau dem weiblichen Menstruationszyklus entspricht. Höhlenzeichnungen aus dieser Zeit zeigen Frauen als Fruchtbarkeitsgöttinnen gemeinsam mit dem Mond. Mythen erzählen davon, dass Sex mit dem Mondgott die Frauen zum Bluten brachte. Auch für die Griechen und Römer war der Zusammenhang von Mond und weiblichem Zyklus offenbar ganz selbstverständlich: Begriffe wie „Menstruation“ und „Menses“ stammen von den lateinischen und griechischen Wörtern für Mond (mene) ab.


Ist die Menstruation an Mondphasen gekoppelt?

Erst heutzutage streiten die Wissenschaftler darüber, ob es nur ein Zufall ist, dass der Mondphasenzyklus und der weibliche Menstruationszyklus im Schnitt ziemlich gleich lang sind. Fakt ist, dass längst nicht alle Frauen auf der Welt ihre Monatsblutungen zeitgleich bekommen – und längst nicht alle im Rhythmus der Mondphasen.

Je älter die Quellen allerdings sind, desto klarer zeigt sich ein Zusammenhang. Im alten Griechenland sollen die Frauen vor allem rund um Vollmond geblutet haben. 1898, also etwa um die Zeit der Industrialisierung, legte der schwedische Wissenschaftler Svante Arrhenius eine Studie vor, die eine Kopplung der Menstruation an Voll- und Neumond zeigte. Die jüngste Studie aus dem Jahr 2021 stammt von Charlotte Förster, einer Chronobiologie-Professorin an der Universität Würzburg. Sie hat bis zu 32 Jahre lange Aufzeichnungen über die Zyklen von 22 Frauen ausgewertet und festgestellt, dass zwar nicht alle Frauen immer zeitgleich mit Voll- oder Neumond menstruieren – aber dass es Kopplungen über mehrere Monate und Jahre hinweg gibt. Außerdem gingen Frauen in ländlichen Regionen öfter mit dem Rhythmus des Mondes konform, während ihre Geschlechtsgenossinnen in der Großstadt oft kürzere Zyklen hatten. Als Taktgeber vermutet die Chronobiologin das Mondlicht.


Nebelung: Vollmond im November
Nebelung: Vollmond im November
Das Mondlicht macht‘s

Das könnte auch der Grund dafür sein, warum die Wissenschaftler heute meistens ins Leere greifen, wollen sie den Menstruationszyklus am Zyklus des Mondes festmachen: weil der Vollmond längst überstrahlt wird vom immerwährenden elektrischen Licht der Straßen- und Großstadtbeleuchtungen.

Doch selten ein Schaden ohne Nutzen: Nachdem zwei Ärzte 1969 bei Bauern beobachtet hatten, wie diese rund um Vollmond nachts im Stall das Licht brennen ließen, damit die Hühner mehr Eier legten, hatten sie eine Idee. Dewan und Rock, so hießen die beiden, probierten das Gleiche bei Frauen mit stark unregelmäßigen Monatszyklen. Ab dem 14. Tag nach der Monatsblutung ließen sie die Frauen drei Nächte lang bei Schummerlicht schlafen. Und siehe da: Bei den meisten pendelte sich die Zykluslänge nach ein paar Monaten auf ungefähr 29 Tage ein. Etliche wurden sogar endlich schwanger. Inzwischen hat diese simple Methode für Paare mit Kinderwunsch auch einen Namen, den man googeln kann: „Lunaception“, zu deutsch „Mondphasen-Methode“.


Steinzeitmenschen hatten Sex zu Neumond

Doch woher kommt nun dieser Zusammenhang? Gibt es eine Erklärung? Chronobiologin Förster vermutet, dass sich die Evolution damit an das Fortpflanzungsverhalten der Menschen angepasst hat: Als Jäger und Sammler orientierten sich die Menschen stark am Vollmond. Er bescherte ihnen während der Dämmerung ideale Verhältnisse zur Jagd und verlängerte außerdem den Tag, sodass man weitere Nahrung sammeln oder handwerklich arbeiten konnte. So waren die Menschen rund um die Vollmond-Zeit viel zu sehr beschäftigt, als dass sie Nachwuchs hätten zeugen können. Das taten sie dann rund um Neumond, wenn die Nacht finster und es viel zu gefährlich war, sich draußen bei den wilden Tieren aufzuhalten. Försters Vermutungen haben mich übrigens auch beim Malen unseres immerwährenden Mini-Mondkalenders inspiriert. Hunderttausende von Jahren lebten unsere Vorfahren in diesem Rhythmus, bis sie schließlich vor nicht einmal zehntausend Jahren den Ackerbau entdeckten und nach und nach sesshaft wurden. Kein Wunder also, dass unsere Körper diesen frühsteinzeitlichen Rhythmus so verinnerlicht haben.


Mehr zu meiner Deutung der Astrologie – zur Natur-Astrologie – erzähle ich übrigens in meinen Seminaren.

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page